Dienstag, 10. September 2013

Aus der Rubrik: Erfahrungsberichte unserer Leser und Fans - Burnout


Burnout – Krise oder Chance?

Nachdem in letzter Zeit der Begriff “Burnout” immer populärer zu werden scheint, und sich Diskussionen um den Begriff bzw. das Phänomen des Ausgebrannt seins vermehren, möchte ich einen kleinen Einblick aus meiner Sicht als Heilpraktikerin, Krankenschwester und „Betroffene“ schildern.

Das Ausgebrannt sein als Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit – so schreibt Wikipedia. Doch – wie kommt man in diesen Zustand? Was macht man „falsch“, dass man in dieser Ecke landet und meistens aus eigener Kraft keinen Ausweg mehr findet? Denn – gerade die Kraft fehlt ja – für alles… 



Wie schon angedeutet – ich habe diesen Zustand erlebt.
Und – ich konnte mich selbst daraus befreien, ...
was allerdings nur funktioniert hat, weil ich mich vorher durch meine Aus- und Weiterbildungen im ganzheitlichen und spirituellen Gebiet intensiv mit manchen Verhaltensweisen, Glaubenssätzen und Möglichkeiten auseinandergesetzt hatte. Scheinbar wollte ich unbewusst erfahren, ob ich im Ernstfall auch fähig bin auf diese Erkenntnisse zuzugreifen. Zu meinem großen Glück war ich das – doch der Weg dahin war lang und schmerzhaft.

Erneut ein kurzer Auszug aus Wikipedia:
„Das Burnout-Syndrom ist wissenschaftlich nicht als Krankheit anerkannt, sondern gilt im ICD-10 als ein Problem der Lebensbewältigung, während es vom Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders als Form von Depression aufgefasst wird. Es handelt sich um eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung. Diese wird meist durch Stress ausgelöst, der wegen der verminderten Belastbarkeit nicht bewältigt werden kann.[

Aha – das Burnout ist ein „Problem“, das wegen verminderter Belastbarkeit nicht bewältigt werden kann. Also – der Ausgebrannte… hat ein Problem und ist nicht fähig es wieder geradezubiegen. Er ist „selber schuld“ weil er „unfähig“ ist. Ich nehme jetzt einfach mal an, dass viele der Betroffenen und auch der Außenstehenden es so oder ähnlich werten. Also – es ist eine Schande… man ist unfähig… und kaum mehr wert ein Mitglied dieser Gesellschaft zu sein. Schließlich kriegt man eh nix hin. Man blickt um sich und sieht andere, in der „gleichen“ Situation, die scheinbar kein Problem haben zu scheinen. Die mit den Umständen, dem Stress, dem Druck scheinbar mühelos umgehen können – also… holla… liegt das Problem wohl wirklich bei einem selbst. Fehler – Mangelware – ungenügend für den Job oder die Position die man gerade innehat. 

Die andere Variante so wie ich es kennengelernt habe, sind die Personen, die nie bei sich selbst suchen und immer die anderen verantwortlich machen. Also – „alle wollen mir nur Böses und egal was ich auch tue es ist falsch“. 

Man bemüht sich noch mehr oder beschwert sich noch mehr – und wird noch unfähiger… also – der Beweis – man ist nicht fähig oder erwünscht und war es vermutlich noch nie.

Jetzt die Frage dahinter: Ist das so? Ist das der Regelkreis? Liegt der endgültige Zusammenbruch am Druck oder Stress von außen? Oder am Druck und Stress den man sich innerlich selbst macht? 

Ich kann nur von mir sprechen – aber ich habe andere miterlebt, die ähnliche Probleme hatten und bis an die Grenze der Erschöpfung und des Zusammenbruchs gegangen sind – und sehe inzwischen einiges mit anderen Augen.

Ja – das „Problem“ lag bei mir. Es war nicht der Beruf, die Kollegen oder die Umstände. Soviel als Kernaussage. Was aber nicht bedeutet, dass ich unfähig oder zu weich war. Eher das Gegenteil. Mein Anspruch an mich selbst war völlig überzogen. Und ich war „leider“ viel zu stark und zu ausdauernd um früher zusammenzubrechen. Deshalb hat sich das Ganze sehr lange Zeit lassen können um völlig auf die Spitze getrieben zu werden.

Ich habe mich unter diesen Druck gesetzt um mir – und natürlich auch allen anderen – zu beweisen dass ich es wert bin an dieser Stelle zu stehen. Und hier kommt ein für mich sehr wichtiger Punkt an die Oberfläche – der Selbstwert. Ehrgeiz. Durchhaltevermögen. Jemand der nicht ungeheuer belastbar ist, schafft es meiner Ansicht nach gar nicht „auszubrennen“. Weil das Zeit braucht. Weil es anstrengend ist, dem Druck solange stand zu halten, bis man sich selbst endlich die Erlaubnis gibt „gepflegt zusammenzubrechen“. Schließlich gibt man doch nicht einfach so klein bei. Nein – da müssen schon schwerere Geschütze her. Schließlich hat man einen Ruf zu verlieren.

Andere dürfen krank sein, dürfen Schwächen zeigen, dürfen Tagesformen haben, die variieren. Aber man selbst. Oh nein – nie im Leben! Lieber strengt man sich noch ein bisschen mehr an, übernimmt die Arbeiten von anderen mit – um diese zu entlasten – die halten das sonst nicht durch, und überlastet sich selbst mehr und mehr. Und hier beginnt langsam der Teufelskreis. Das Umfeld sieht dieses Verhalten – und springt natürlich darauf an. „Hier wäre noch etwas Zusätzliches zu erledigen – na komm, Du schaffst das doch. Das kann doch keiner so zügig und kompetent – das machst Du doch. Die anderen wehren eh nur ab – ach komm, das geht schon noch.“ So oder ähnlich der Teufelskreis den ich erlebt habe. Und ich klage niemanden an – beileibe nicht. Weil – immer zwei Parteien in so einem Spiel mitspielen – und solange ich es zulasse, bin ich nicht mehr oder weniger „schuld“ als der andere Mitspieler.

Hier kommt dann der nächste interessante Begriff: Abgrenzung oder Eigenschutz. Jemand der die Tendenz dazu hat, sich für andere einzusetzen, andere zu schützen und auch die Tendenz seine eigenen Grenzen nicht zu erkennen und einzuhalten, oder im richtigen Moment auch zu verteidigen, wird einfach überrannt. Von Aufgaben, Verantwortungen und auch von Anklagen oder dem Unmut der anderen. Was passiert – man bezieht es wieder auf sich selbst – bemüht sich noch mehr es „allen recht zu machen“ und rutscht tiefer und tiefer in die Abwärtsspirale. Irgendwann ist das Ganze ein Selbstläufer aus dem scheinbar nur der körperliche oder psychische Zusammenbruch „retten“ kann. Dann ist man entschuldigt, dann hat man einen legalen Grund für Freizeit oder dafür dieser stressbelasteten Situation zu entrinnen und vielleicht auch noch den kleinen Trumpf in der Hinterhand ab jetzt die anderen noch mehr verantwortlich zu machen für die eigene „Erkrankung“. 

Warum setze ich Erkrankung in Anführungszeichen? Weil in meinen Augen jegliche Krankheit oder Symptomenkomplex wie auch das Burnout ein seelischer Hilfeschrei ist. Die Person hat so lange nicht auf eigene Bedürfnisse geachtet, die Warnsignale des Körpers und der Psyche ignoriert und nichts am Verhalten oder Verständnis geändert, bis dem Körper nichts anderes übrig bleibt als den „Not-Aus-Schalter“ zu drücken – den Zusammenbruch herbeizuführen.
Weiterhin – diese Person ist nicht „schuldig“ oder „unfähig“ in meinen Augen (obwohl ich mich lange so gefühlt habe). Es werden schlichtweg uralte Glaubenssätze umgesetzt, auf höchstem Niveau. Und ich konnte meine Glaubenssätze finden und umstellen, zum Glück.

Sätze wie „was nicht anstrengend war ist nichts wert“, „Arbeit ist schließlich kein Zuckerlecken“, „etwas nicht zu schaffen heißt komplett versagt zu haben“ kennen vermutlich auch andere als ich. Oder auch seinen eigenen Wert über die Anerkennung von außen zu suchen, ist meines Erachtens leider völlig normal inzwischen. Schließlich leben wir aktuell in der Ära von „mein Haus, mein Auto, mein Pferd“ – also nur was man nach außen vorweisen kann, höher, schneller, teurer als das vom Nachbarn, ist etwas „wert“. So scheinen viele zu denken und zu fühlen. In einer Gesellschaft in der schon Kleinkinder schief angeschaut werden, wenn sie keine Markenkleidung tragen. Schade eigentlich.

Anerkennung durch Erfolg – wie viele betteln nicht heimlich durch ihren beruflichen Erfolg darum, dass sie endlich wertgeschätzt werden, anerkannt und geliebt? Höher, schneller, weiter – seht her was ich kann, ist das nicht toll? Auch das, meiner Ansicht nach, ein Zeichen dafür, dass dieser Mensch seinen Wert selbst nicht kennt und sehen kann – und auf diese Weise nach außen versucht sich „wertvoll“ zu machen oder zu fühlen.

Wer sagt, dass Arbeit nicht leicht und freudig sein darf? Wer sagt dass man sich nicht einfach darauf freuen darf, täglich zur Arbeit zu gehen und dort sein Bestes zu geben, ohne Druck? Wir sind es nur nicht mehr gewöhnt. Und wer beim Arbeiten lächelt, ist doch schon fast suspekt.

Wer sagt, dass es schlecht ist, seinen eigenen Wert zu erkennen und auch wertzuschätzen? „Eigenlob stinkt“ – jaja… das hat auch nichts damit zu tun, dass ich mich vor anderen produzieren muss, aber wer seinen Wert kennt – muss nicht mehr in diese Opfer-Täter-Falle rutschen. Ein jeder ist wertvoll! Egal welchen Job er macht, wie viel er verdient oder wie er aussieht. Niemand ist „besser“ oder „schlechter“ als der andere – und wenn wir das endlich verstehen könnten, wäre es auch sinnlos, weiterhin zu konkurrieren. Wenn Menschen einfach sein dürften wie sie sind, und ihre Fähigkeiten ausleben ohne in ein bestimmtes Schema gesteckt zu werden – würde sich der Druck den man sich selbst macht, um mithalten zu können, vermutlich deutlich reduzieren. Dann müsste auch niemand „ausbrennen“. Wenn innere Qualitäten und Menschlichkeit wieder mehr wert wäre als der große Wagen und die Visitenkarte – wäre ein Zusammenleben und –arbeiten wieder leichter und angenehmer. Und wenn wir wieder unsere Fähigkeiten schätzen und nutzen lernen – und die Vielfältigkeit derselben zu schätzen wissen – raus aus dem „Uniformen“ hin zur Abwechslung – würde sich vermutlich auch das Problem Burnout deutlich reduzieren.

Vielleicht ist meine Sicht der Dinge etwas utopisch oder zu sehr durch die rosarote Brille gefärbt. Ich denke aber nicht. Ich möchte durch meine Worte niemanden anklagen oder angreifen – sondern nur meine Sicht und Erfahrungen darstellen. Und – ja, es ist möglich aus diesem Teufelskreis gestärkt und mit neuer Kraft und Mut hervorzugehen. Es braucht aber Zeit, Geduld und sehr viel Mitgefühl mit sich selbst. Zuzugeben dass man „nicht alles schafft“ und auch „Hilfe annehmen darf“ ist nicht einfach. Aber es ist wertvoll und der erste Schritt zurück Freude am Leben und im Beruf zu haben.

Eingesandt durch: Petra Schlötzer, www.alles-darf-sein.de

Bildquelle: 4freephotos.com

2 Kommentare:

  1. Danke für Dein Vertrauen, uns an dieser sicherlich nicht guten Erfahrung teilhaben zu lassen. Immer wichtig, sehr genau auf sich selbst zu achten!

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    1. Hallo Simone,
      danke für Deinen Kommentar.
      Mir ist vor allem wichtig, andern zu zeigen, dass es wichtig ist über Probleme zu sprechen und sich nicht allein zu verstecken. Jeder schleppt irgendetwas mit sich herum - und fühlt sich alleine damit, traut sich aber auch nicht den Anfang zu machen.
      Ich kann inzwischen ohne große Probleme den Anfang machen - von meinen Erfahrungen und Schwierigkeiten zu erzählen... und von meiner Art damit umzugehen. Und einigen scheint es durchaus auf ihrem eigenen Weg schon weitergeholfen zu haben - darüber bin ich glücklich und das zeigt mir dass ich auf dem für mich richtigen Weg bin.
      Petra

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